Haus- und Wohnungstüren sind mit roten Glücksbringern geschmückt, der Verkehr auf den Straßen erlahmt und mit zunehmender Intensität, Lautstärke und Farbenfreude verwandeln sich selbst ruhige Stadtviertel in Kriegsschauplätze mit gleißenden Blitzen und ohrenbetäubenden Detonationen. „Und wer hat’s erfunden? Die Chinesen!“ 30. Januar 2014, Mitternacht: China begrüßt das neue Mondjahr. Die Schlange hat sich verkrochen, das Pferd mit dem Element Holz ist der neue Hausherr und hält Einzug mit ausgiebigen Feierlichkeiten, bei denen sich alles um die Maximierung des Glücks zu drehen scheint. Schicksalsbeeinflussende Mittel und Wege? Die Antwort lautet: Rot, die alles dominierende und glücksverheißende Farbe, die nicht nur allerorts ins Auge springt, sondern tatsächlich auch bis auf die Haut geht. Schließlich gehört es zum Brauch, an den Feiertagen – sicht- oder unsichtbar – ein rotes Kleidungsstück zu tragen.
Diese Tradition bietet interessante Geschäftsmöglichkeiten, unter anderem für Deutschlands größten Hersteller von Unterwäsche: das baden-württembergische Unternehmen Schiesser aus Radolfzell am Rhein, chinesisch: shuya (舒雅). Angeboten in einer attraktiven Geschenkverpackung leuchten auf den Kaufhausauslagen rechtzeitig zum Neujahrsfest chinarote Dessous mit gold-glänzender Applikation des Tierkreiszeichens. Für den Herrn oder für die Dame – eine Dose in Form eines Hufeisens rundet die Sonderedition ab und lässt das Käuferherz ganz im Sinne des Slogans „everything that touches you“ (一切尽在感受中) höher schlagen. Allem Anschein mit Erfolg: Bis dato zählt das 1875 von dem Schweizer Fabrikanten Jacques Schiesser gegründete Unternehmen auf seiner chinesischen Social-Media-Plattform Sina Weibo beinahe 59.000 Fans. Der heutige Marktführer unter den deutschen Wäschespezialisten schaut auf eine über 130-jährige Chinageschichte, schließlich wurde China neben dem Vorderen Orient, Indien und Japan schon vor 1880 als einer der ersten Exportmärkte erschlossen.
Schiesser sieht sich als Marke, die mitten im Zeitgeschehen ihren Wurzeln treu bleibt und zugleich neue zukunftsweisende Werte für den Kunden von heute und morgen schafft. Zeitgeist und Tradition im Einklang: Ein generelles Verständnis, das auch im Chinageschäft von Bedeutung ist. Bereits 1898 äußerte der deutsche Gesandte Max von Brandt, dass alles schon einmal dagewesen sei und aus der Vergangenheit manches gelernt werden könne. Diese Keime der Erkenntnis gelte es in das Feld der Zukunft zu säen.
Die Erkenntnis langfristig geltender Einfluss- und Erfolgsfaktoren ist gerade im Pferdejahr von Bedeutung. Wer bei Holzpferd an einen lustigen Schaukelspaß denkt, der hat das falsche Pferd gesattelt. Schließlich steht das siebente Tier des chinesischen Zodiaks, in dem die starke Kraft Yang ihr Maximum erreicht, im Sinne der Redewendung „Ein himmlisches Ross galoppiert durch die Lüfte“ (天马行空, tianma xing kong) für Unbändigkeit und Freiheitswillen. Es ist kräftig, unruhig, temperamentvoll und schnell, sodass besonders gründliche Vorkehrungen zu treffen sind.
Goldene Hufeisen und ein letztes Mal die Farbe der Unterwäsche prüfen. Dann heißt es wortwörtlich „ma shang“ (马上) – hinauf aufs Pferd – und auf in ein erfolgreiches neues Jahr! at
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