Zeit für Geschenke! Anlässlich chinesischer Feiertage sind besonders Rote Umschläge, sogenannte hongbao (红包), beliebt. In ihnen werden traditionell Geldgeschenke überreicht. In der glücksverheißenden Farbe Rot gehalten sind sie oftmals mit kunstvollen Elementen in Gelb oder Gold verziert. Natürlich ist auch der Geldbetrag, von der Höhe einmal abgesehen, nicht ohne Relevanz: Hier gilt es, gerade Zahlen vorzuziehen, wobei die Vier eine Ausnahme darstellt, schließlich weckt sie Assoziationen mit dem Tod. Anders sieht es mit der Acht aus, die Reichtum und Wohlstand verspricht.
Zum Start des Pferdejahres hat sich der Kaugummihersteller Wrigley’s (jianpai, 箭牌) dieses kulturelle Element zunutze gemacht. In einem speziell abgepackten Angebot mit zwei Dosen Extra (yida, 益达) in den Geschmacksrichtungen Wassermelone und Heidelbeere gibt es einen wiederverschließbaren Beutel in Gestalt eines Roten Umschlags, der 18 zusätzliche Kaugummis enthält. Hierauf sind nicht nur klassische Festtagsspeisen mit ebenso positiver kultureller Konnotation abgebildet, anstatt des Wohlstandsgottes Caishen (财神) hält eine junge Darstellerin ein Spruchband, das dem Käufer „Glück im Mund“ verspricht (xiang kou fu you yida, 享口福有益达). Eine Sonderverpackung für die Marke Doublemint wiederum enthält 8 zusätzliche Kaugummis. Nicht ohne Zufall in der Geschmacksrichtung Apfel, schließlich ist die erste Silbe des Wortes Apfel (pingguo, 苹果) homophon zu der ersten Silbe aus „ping an“ (平安). Dieses steht für friedlich, gesund oder sicher. „’苹苹’安安“ heißt es folglich auf der Verpackung.
Das 1891 von William Wrigley Jr. gegründete Unternehmen ist mit seinen Marken Doublemint, Extra, Sugus oder Skittles nicht nur Marktführer in China, sondern – selbst Shanghai wurde nicht an einem Tag erbaut – blickt 2014 auch auf 100 Jahre Chinageschäft zurück. Bereits 1914 wurden erstmals Kaugummis aus den USA oder Australien nach China exportiert. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs bis hin zur Öffnung durch Deng Xiaoping wurden die Verkaufsaktivitäten eingestellt, und unmittelbar im Jahr 1981 wieder aufgenommen. Dazumals in Kaufhäusern in Beijing, Shanghai, Dalian, Xiamen und Guangzhou, wo 1993 die erste chinesische Fabrik eröffnet wurde. 2012 folgte nach einem Neubau die größte Produktion innerhalb des Konzernuniversums. Von hier aus werden die mittlerweile 2,1 Millionen Verkaufsstellen in China versorgt.
Die Expansion des Vertriebsnetzes hat bei einem Impulsprodukt eine besondere Priorität: Nur wenn es gesehen wird, wird es gekauft. Zu einem kompetitiven Preis: Bei gleichem Absatz liegen die China-Umsätze auf der Hälfte derjenigen im Mutterland USA. Kleinere Verkaufseinheiten wie 15g oder 20g sollen den Konsum in einem Land mit stets hoher Zahl an preissensiblen Erstkäufern ebenso steigern wie Angebote mit lokal präferierten Geschmacksrichtungen wie Grapefruit, Wassermelone, Gurke oder Tee. Über allem stehen die Produktversprechen Zahngesundheit, Konzentrationsförderung und Stressabbau, die kommunikationsintensiv angepriesen werden. Allein in den letzten zwei Jahren haben sich die Werbeausgaben für Kaugummi in China verdoppelt und erreichten 2013 ein Niveau von 1,24 Mrd. USD. Dabei darf nicht vergessen werden, dass der Konsum in China mit aktuell 1,80 USD pro Jahr lediglich ein Sechstel des US-Wertes beträgt. Obwohl die Notwendigkeit zur Erschließung des Hinterlandes, die Städte in der zweiten und dritten Reihe, für den weiteren Geschäftserfolg außer Frage steht, bleibt der Pro-Kopf-Vergleich aufgrund der starken inländischen Disparitäten eine fragliche Größe.
Erfolg und Lokalisierung hängen im chinesischen Süßwarengeschäft stark zusammen. Ein einvernehmliches Abkommen: Mehr „Glück im Mund“ für die chinesischen Konsumenten… mehr „Rote Umschläge“ ebenso roter Renminbi für den amerikanischen Kaugummiproduzenten. at
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