Zwischen Endlos-Startup und Dauer-Turnaround – Wann gelingt Nivea endlich der Durchbruch in China?

Nivea in China. © at

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Rote Zahlen, Stellenstreichungen, Neubesetzung im Management. In nur wenigen Jahren blickt Nivea (Shanghai) Co., Ltd. bereits auf 20 Jahre im chinesischen Markt zurück, doch die sonst erfolgsverwöhnte Kosmetikmarke bleibt im chinesischen Markt noch immer weit hinter ihrem Potenzial zurück und kann im Kampf mit den Wettbewerbern Procter & Gamble, L’Oréal und Unilever nicht mithalten. Erst kürzlich resümierte Die Welt, Beiersdorf stehe in China vor einem Scherbenhaufen.

Was ist los mit „ni wei ya“ – 妮维雅? Vor allem für die Akquisition der lokalen Haarpflegefirma C-Bons aus Wuhan hat Beiersdorf ein hohes Lehrgeld bezahlen müssen. Nicht nur wurde ein Großteil der Investitionssumme in dreistelliger Millionenhöhe in den letzten fünf Jahren abgeschrieben, auch die Hoffnung, über deren Verkaufskanäle das Nivea Geschäft zu etablieren und schnelles Wachstum zu realisieren, hat sich nicht erfüllt. In einem Interview mit Focus Online – „Chinesen kaufen kein Nivea“ (2011) – resümierte der ehemalige Konzernchef Thomas Quaas, der chinesische Markt funktioniere ganz anders als der europäische oder der nordamerikanische. So seien die Handelsstrukturen in China viel kleinteiliger: „Sobald man die großen Städte verlässt, findet man nur noch Geschäfte, die man in Deutschland als Tante-Emma-Läden bezeichnen würde. Jede Stadt ist wieder in kleinere Parzellen eingeteilt. Man muss immer wieder aufs Neue kämpfen.“ Dieses ist im Grunde eine späte Erkenntnis, denn sowohl aktuelle Studien wie auch historische Beispiele von Pionieren im Chinageschäft – darunter Beiersdorf selbst! – belegen, dass die Nutzung eben dieser Strukturen zeiten- und branchenübergreifend wesentlich zum Erfolg beigetragen hat.

„Nivea könnte Umsatz in China verdoppeln“ titelte die Shanghai Daily 2009 und verkündete, dass Beiersdorf plane, den Nivea Umsatz bis 2011 auf über 218 Millionen Euro zu steigern. Und bis 2014 sei ein Niveau von knapp 300 Millionen Euro anvisiert. Mit derartigen Ankündigungen hielt man sich in der Hamburger Zentrale zuletzt zurück, schließlich wird laut Auskunft von Finanzvorstand Ulrich Schmidt auch 2012 noch ein zweistelliger Millionenverlust anfallen. Einstige Pressemitteilungen wie „Nivea geht nach China – wie geschmiert“ (Handelsblatt, 2008) und euphorische Vorhersagen, dass der Konzern bis spätestens 2013 in China mehr Geschäft mache als in Westeuropa (Süddeutsche Zeitung, 2008), klingen da wie blanker Hohn. Unverändert bleibt China jedoch einer der wichtigsten Wachstumsmärkte für die Hanseaten, sodass die WirtschaftsWoche vor Kurzem postulierte, der neue Vorstandsvorsitzende Stefan Heidenreich müsse sich vor allem am Erfolg in Schwellenländern wie China messen lassen, und kämpferisch von einer „Nivea-Offensive in China“ spricht.

Zurück zu den Wurzeln: Schon einmal – in den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts – war Nivea eine starke Marke in China, die durch emotionale Kundenansprache, ein verzweigtes Händler- und Vertriebsnetz sowie Investitionen in den Markenaufbau punktete. Vor allem die Bedeutung der lokalen, kulturellen Kompetenz scheint wiederentdeckt worden zu sein. So sollen die Manager in den einzelnen Märkten in Zukunft mehr entscheiden dürfen und die Steuerung aus der Hamburger Zentrale zurückgenommen werden. Ob dahinter auch die Einsicht steckt, dass zahlreiche China-Probleme der letzten Jahre hausgemacht sind? Zumindest die Pressemeldungen der letzten Jahre lassen für einen externen Beobachter kaum einen anderen Schluss zu.

Im ersten Halbjahr 2012 lagen die Umsätze in China lediglich auf Vorjahresniveau. Es bleibt mit Spannung zu beobachten, wann es Beiersdorf gelingen wird, die Phase des Endlos-Startups und Dauer-Turnarounds in China zu beenden, um – mit dem Ohr am chinesischen Markt – eine neue Zeit einzuleiten, die für Nivea von nachhaltigem Wachstum und starkem Geschäftserfolg gekennzeichnet ist. at

Über China Marketing Blog

Führender Blog zum Thema China Marketing herausgegeben von China-Experte Dr. Dr. Andreas Tank. Praxisbeispiele, Fallstudien, Informationen, Hintergrundanalysen.
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