NIVEA in China – Über die Fähigkeit, Schönheit zu bewahren

Fähigkeit, Schönheit zu bewahren: Nivea-Werbung aus den 30er Jahren. © Corporate Communications / Corporate & Brand History Beiersdorf (Hamburg)

Fähigkeit, Schönheit zu bewahren: Nivea-Werbung aus den 30er Jahren. © Corporate Communications / Corporate & Brand History Beiersdorf (Hamburg)

Hamburg und China blicken auf lange Handelsbeziehungen zurück und es steht wohl außer Frage, dass gerade diesen eine besondere Pflege zukam. Denn einer der Hauptakteure damals wie heute ist der Hamburger Beiersdorf Konzern, welcher mit seiner weltbekannten Körperpflegemarke Nivea schon seit einem knappen Jahrhundert in China neue Maßstäbe für Kosmetik setzt.

Mag es die hanseatische Offenheit für fremde Märkte und ihre lokalen Besonderheiten sein, ein historischer Rückblick macht deutlich, wie dieses Zusammenspiel in China konsequent in Erfolg umgewandelt wurde.

Der Markteintritt erfolgte über Handelshäuser, die mit Sitz in Hongkong, Shanghai und Peking 1914 die Vertretung für Beiersdorf in China übernahmen. Doch es dauerte noch bis in die dreißiger Jahre, bis das Hamburger Traditionsunternehmen sein Bekenntnis zum chinesischen Markt intensivierte und sein eigenes Engagement verstärkte. Um das China-Geschäft voranzubringen, wurde nun ein eigener Beiersdorf-Delegierter entsandt, die Vertretung auf ein Handelshaus konsolidiert und – hier mag der Kern- und Angelpunkt des späteren Erfolges liegen – 1935 eine »Beiersdorf Propaganda-Abteilung« in Shanghai gegründet, die das lokale Marktwissen mit dem globalen Markenauftritt in Einklang bringen sollte und durch die Hamburger Zentrale finanziert wurde. Sämtliche Kosten für Zeitungsanzeigen, Muster und Proben, die Verteilung von Drucksachen oder eigens aus Deutschland importiertes Werbematerial ging zu Lasten des Mutterhauses.

Kompetente Markteinführung

Allzweck- und Allwettercreme aus Deutschland: Nivea-Werbeanzeige in China um 1937. © Corporate Communications / Corporate & Brand History Beiersdorf (Hamburg)

Allzweck- und Allwettercreme aus Deutschland: Nivea-Werbeanzeige in China um 1937. © Corporate Communications / Corporate & Brand History Beiersdorf (Hamburg)

Anfangs galt es, den Markennamen »Nivea« in die chinesische Sprache zu übertragen, wobei ein besonders gelungenes Äquivalent komponiert wurde, das phonetische und semantische Komponenten vereinigte und bei Kunden zielführende Assoziationen aufkommen ließ: 能维雅, sprich neng-wei-ya, hatte die Fähigkeit, Schönheit zu bewahren. Zugunsten einer stärker phonetischen Ausprägung werden heutzutage zwar die Schriftzeichen 妮维雅 (ni wei ya) verwendet, doch Schönheit und Nivea sind auch hier weiterhin synonym.

Bei der Einführung der Marke war unabhängig vom Vertriebskanal das Phänomen zu berücksichtigen, dass ein hoher Anteil an Erstkäufern das Marktumfeld prägte. Um diesem erfolgreich zu begegnen, setzte Beiersdorf vor allem auf bildhafte Kommunikationsmittel. Bildergeschichten vermittelten anschaulich und mit wenig Text die Anwendungsmöglichkeiten und Wirkung der Allzweck- und Allwettercreme. Während der Hinweis auf das Ursprungsland Deutschland bei den Kunden einen Vertrauensvorschuss erzeugte, wurde gleichzeitig darauf verwiesen, dass die positiven Produkteigenschaften von Chemikern aus aller Welt anerkannt würden und das Produkt ein Ergebnis langjähriger Forschung sei. Durch kostengünstige Proben, die vielfach in Anzeigen auffällig umworben wurden, konnten sich Erstkunden davon überzeugen.

Für die Schönheit bewundert

Wo Individualität und Selbstverwirklichung oben anstehen, sind äußere Pflege und der Wunsch nach Anerkennung nicht fern. © Corporate Communications / Corporate & Brand History Beiersdorf (Hamburg)

Wo Individualität und Selbstverwirklichung oben anstehen, sind äußere Pflege und der Wunsch nach Anerkennung nicht fern. © Corporate Communications / Corporate & Brand History Beiersdorf (Hamburg)

Über allem steht aber eine emotionale Ansprache, wie sie nicht besser in das goldene Zeitalter der 20er und 30er in Shanghai passen kann – »Schanghai, das tugendhafte Babylon« titelte die Zürcher Weltwoche rückblickend noch 1957. Wo Individualität und Selbstverwirklichung oben anstehen, sind äußere Pflege und der Wunsch nach Anerkennung nicht fern: Slogans wie »Frauen mit Schönheitsideal sollten NIVEA verwenden« (爱美仕女硬搽能维雅) oder »Gesunde und schöne Haut wird von allen bewundert« (肌肤健美人人羡爱) geben Einblick in die Psyche dieser Epoche. Damen mit aufwendigen Frisuren, mal schick gekleidet, mal im aufreizenden Badeanzug auf dem Sprungbrett einer Badeanstalt oder beim Tennisspiel oder Herren mit Krawatte verkörpern in den Nivea-Werbeanzeigen das Ideal dieser Zeit.

Die Investition in diese Kampagnen in namhaften Tageszeitungen in Shanghai, Tianjin oder Qingdao lohnte sich nicht nur in Hinblick auf Markenbekanntheit bei Endkunden, sondern war auch ein starker Vorverkauf für die diversen Nivea-Verkaufsstellen im Land wie Apotheken, Kaufhäuser oder ausländische Warenläden. Auch für potenzielle Händler waren sie ein gewichtiges Argument, sich dem kontinuierlich wachsenden Netzwerk anzuschließen, um dieses in westlichen Ländern populäre »Spitzenprodukt zur Hautpflege (护肤珍品)« in ihr Sortiment aufzunehmen. Daneben war für die Händler natürlich noch ein ihnen gewährter obligat attraktiver Abgabepreis interessant.

Renaissance der Geschichte

Mit dem Bekenntnis der Hamburger Zentrale zum chinesischen Markt und der Investition in den Aufbau lokaler Marketingaktivitäten gelang es Beiersdorf, die Markenbekanntheit bei Endkunden zu erhöhen, eine auch für Händler attraktive Marke in China zu etablieren und darüber hinaus, einen Vorsprung gegenüber chinesischen Wettbewerbern sowie im Kampf gegen allzeit im Markt erhältliche Plagiate herauszuholen. Ein Blick in die Wirtschaftspresse lässt den Anschein zu, dass Beiersdorf mit seinen aktuellen Werbeausgaben im heutigen China nichts weniger als eine Renaissance dieser erfolgreichen Geschichte anvisiert. at

Über China Marketing Blog

Führender Blog zum Thema China Marketing herausgegeben von China-Experte Dr. Dr. Andreas Tank. Praxisbeispiele, Fallstudien, Informationen, Hintergrundanalysen.
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